„Die Senioren, egal wie krank und gebrechlich, vergesslich und anstrengend sie sind, haben mehr als unseren vollsten Respekt verdient – Die Jugendkolumne von kath.net – Von Victoria Samp
Linz (kath.net)
Zuletzt durfte ich in meiner eigenen Familie erfahren, dass Menschen nach einem Schlaganfall, mit Demenz, Alzheimer o.ä. oft die eigenen Kinder oder Enkel nicht mehr wiedererkennen und ganz schön aggressiv und unangenehm werden können. Man möchte helfen, weiß aber nicht wie, man möchte trösten, wird aber beschimpft und hat ewig das Gefühl, alles falsch zu machen. Das kann einen ziemlich niederdrücken.
Seit einiger Zeit lebe ich bei meinem Opa. Auch, wenn es anstrengend ist und man manchmal nach vielen nicht durchschlafenen Nächten den Wunsch verspürt, vor den Aufgaben zu flüchten, empfinde ich es als große Gnade, jetzt bei meinem Opa sein zu dürfen. Ich glaube, die Worte des Evangeliums können dabei viel Kraft schenken. Das Buch Jesus Sirach zum Beispiel enthält so viele Weisheiten, die uns in unserem täglichen Leben helfen können. Dort ist auch die Rede vom Respekt gegenüber unseren Vorfahren: Kind, nimm dich deines Vaters im Alter an und kränke ihn nicht, solange er lebt! Wenn er an Verstand nachlässt, übe Nachsicht und verachte ihn nicht in deiner ganzen Kraft! (Sir 3,12-13).
Die Senioren, egal wie krank und gebrechlich, vergesslich und anstrengend sie sind, haben mehr als unseren vollsten Respekt verdient. Sie sind nicht nur Menschen mit der höchsten Würde, wie alle anderen, sondern auch unsere Vorfahren, die dafür gesorgt haben, dass wir das erreichen, erleben und erfahren durften, woran wir gerne zurückdenken und sie haben uns zu den Menschen gemacht, die wir sind. Als wir Kinder waren, haben sie uns auf Schritt und Tritt beschützt, mit der Zeit mag es uns auch übertrieben vorgekommen sein, aber sie haben es aus Liebe getan. Sie haben für uns gearbeitet und gebetet, bei Tag und Nacht gewacht, auf Freizeit, Hobbies und Urlaub verzichtet und waren in den schwierigsten Momenten bei uns. Sie haben ihr Leben auf den Kopf gestellt, um uns auf die Beine zu stellen. Die eine oder andere Krankheit, das eine oder andere graue Haar haben sie sicherlich auch uns zu verdanken.
Wenn mein Opa mir jetzt mit Tränen in den Augen sagt, er habe Angst, ist das geringste, was ich für ihn tun kann, bei ihm zu sein. Wenn ich nicht weiß, wie ich helfen kann, was ich sagen oder geben soll, dann hoffe ich, dass zumindest meine Zeit für ihn ein bisschen Trost sein kann. Papst Franziskus sprach davon, dass wir mit unseren Großeltern sprechen sollten, dass wir viel von ihnen lernen können. Ich glaube, dass wir nicht nur aus dem Gespräch mit ihnen viel lernen können, denn auch, wenn sie den Verstand verlieren, geben sie uns eine wichtige Lektion: Gedenke Mensch, dass auch du alt wirst und den Verstand verlieren kannst! Sie lehren uns, dass am Lebensende nicht das Hab und Gut, das wir uns zu Lebzeiten aufgebaut haben, Trost spenden können, sondern die Liebe, die wir ausgeteilt haben unter Freunden, Familie und anderen Nächsten. Sie lehren uns, dass jeder Mensch Respekt verdient, unabhängig von der mentalen oder physischen Gesundheit.
Ich glaube, dass wenn wir den Senioren etwas mehr unserer Zeit schenken, können wir ein wenig zu einer besseren Welt beitragen. Sehr häufig leiden ältere Menschen v.a. an Einsamkeit und wir Jungen können wirklich viel verändern. Die Zeit, die wir in die sogenannten sozialen Medien investieren, kann als in die reale Welt investierte Zeit echte soziale Früchte bringen! In einigen Krankenhäusern oder Pflegeheimen gibt es die Möglichkeit zu ehrenamtlichem Besucherdienst und vorbereitende Schulungen zu dieser Aufgabe, aber auch in unseren eigenen Familien gibt es sicherlich Menschen, die sich über unsere Anwesenheit freuen! Vielleicht ist gerade die Fastenzeit ein guter Start in ein neues Abenteuer?“
(Zitiert von https://kath.net/news/74201 am 24.02.2023)